WEISSWASSER ZIEHT SICH NACH 1:3 RÜCKSTAND AM EIGENEN ZOPF AUS DEM SUMPF
Derbysiege sind schön! Und so nahmen sich die Fans und die Mannschaft entsprechend Zeit, das 4:3 gegen die Eispiraten Crimmitschau nach Overtime in buchstäblich letzter Sekunde auch ausgiebig zu feiern. Der Wermutstropfen im Freudenbecher aber ist, dass unser Team seine zwei Gesichter zeigte und sich im Mittelabschnitt selbst in massive Bedrängnis brachte. Binnen fünfeinhalb Minuten stürzten die Blau-Gelben von Rang sieben, den sie zwischenzeitlich innehatten, zurück auf Platz elf. Am Ende aber bestanden die Väkiparta-Buben die vom Coach vor der letzten Periode ausgerufene Charakterprobe, glichen noch aus und holten sich fast mit der Schlusssirene den Zusatzpunkt. Der Blick ins DEL2-Ranking verrät, wie wichtig der zweite Sieg in Folge war und zudem, dass der eventuell verschenkte dritte Zähler durchaus schmerzt. Unsere Crew trat heute sogar mit Nottorwart – also drei Keepern – an, wobei Ville Kolppanen zwischen den Pfosten stand. Lane Scheidl nahm für den Verletzten Teemu Henritius die vierte Kontingentstelle ein. Norwin Panocha absolvierte sein zweites Match für unsere Farben. Kristian Blumenschein rückte nach Verletzungspause wieder ins Lineup. Und Sebastian Zauner spielte mit Vollvisier, um das angeschlagene obere Ende des Oberkörpers optimal zu schützen.
Der Auftakt und an sich das komplette Auftaktdrittel ging an die Unsrigen. Dabei sprachen die Unparteiischen schon nach nur 48 Sekunden die erste und an diesem Abend einzige Strafe aus. Ganz ehrlich: Es war eine aus Sicht der Westsachsen sicher harte Entscheidung. Denn danach wurde diverse viel „strafwürdigere“ Situationen nicht geahndet, was dem Spielfluss sehr guttat. Mit dem Schwung der drei Powerplaytore aus der Bad-Nauheim-Begegnung attackierten die Gastgeber sofort. Konnte Ilya Sharipov im Tor der Eispiraten gegen einen schönen Schrägschuss von Roope Mäkitalo noch mit der Schonerspitze klären (2.), so war er wenige Augenblicke später gegen unseren Kapitän machtlos. Clarke Breitkreuz verwandelte den eigenen Rebound zur frühen Führung. Das machte die Brust der Füchse breiter. Die hatten die Spielhoheit, schossen viel und gut, aber kamen zumeist nie an die zweiten Versuche. Wahrscheinlich hatte der Gäste-Schlussmann auch fast immer zu viel Sicht. Als Hunter Garlent mal losstiefelte, wurde er nicht ganz so astrein beim Abschluss behindert (6.). Danach hatten die Pleißestädter ihre ersten Chancen. Jasper Lindsten und Mario Scalzo blieben aus Nahdistanz nur zweite Sieger gegen Kolppanen (7.). Scalzo war es auch, der das Spielgerät tief schoss. Es sprang von der Bande in unmöglicher Flugbahn auf unsere Torlatte und in die ganz gefährliche Zone, aus der es mit vereinten Kräften entfernt werden konnte (12.). Nach toller Vorarbeit von Roope Mäkitalo zog Breitkreuz frei und direkt aus dem hohen Slot ab. Mit grandiosem Reflex verhinderte Sharipov das 2:0 (14.). Einen Blueliner von Maximilian Adam fälschte ETC-Abwehrrecke Taylor Doherty an den eigenen Torpfosten ab (16.). Dann kollidierten Eric Valentin und Marco Baßler in der Offensivzone. Baßler spielte weiter und stürzte – vielleicht schon zu benommen – noch in die gegnerische Bande (18.). Unsere Nummer 26 musste vom Eis geführt werden und kam nicht mehr zurück. Auch für den Comebacker Kristian Blumenschein war die Partie schon im ersten Spielabschnitt wieder beendet. Die letzte gute Möglichkeit vergab Top-Scorer Filip Reisnecker aus drei Metern und spitzem Winkel, weil unser Goalie hellwach war (19.). Nach dem recht überlegen geführten ersten Drittel war die Ein-Tore-Führung wohl zumindest einen Treffer zu knapp.
Mit Wiederanpfiff änderte sich die Begegnung vollständig. Jetzt waren die Eispiraten fast ununterbrochen am Zug. So fälschte Lindsten aus vier Metern ab, aber ein paar Zentimeter am rechten Pfosten vorbei. Auch Dominic Walsh, viel zu frei, verfehlte den EHC-Kasten (beides 21.). Erst nach fünf Minuten konnten sich die Oberlausitzer etwas vom Dauerdruck befreien. Das Spiel war nun eher ausgeglichen ohne Tormöglichkeiten. Doch die Crimmitschauer erhöhten die Schlagzahl zur Spielmitte wieder. Konnte Ville Kolppanen noch mit spektakulären Paraden gegen Tylor Gron, Mathieu Lemay und Maxim Rausch den Ausgleich verhindern (alles 31.), so war er ohne Abwehrchance, als Dominik Bohac einen Zweikampf in der Bandenecke verlor, André Schietzold Georgiy Saakyan bestens bediente und der ins freie lange Eck einschießen durfte. Auch das weckte die Gastgeber noch nicht. Kolppanen kaufte zweimal Gron aus Nahdistanz den Schneid ab (37.). Dann ging es ratz-fatz. Erst staubte Reisnecker nach Schietzold-Schuss aus dem Slot ab und drehte die Partie endgültig. Und nur 19 Sekunden später schlug es schon wieder ein. Henri Kanninen fälschte einen Scalzo-Schuss unerreichbar für unseren Torwart ab. Das Beste nach einem Mittelabschnitt ohne echte blau-gelbe Torchance war der nur eher knappe Rückstand.
Die Eispiraten waren auch zu Beginn der letzten Periode griffiger. Lemay tauchte frei vor unserem Goalie auf, schoss aber drüber (42.). Und erst gegen (erneut) Lemay und sogleich auch gegen Gron, die viel zu viel Platz vor unserem Heiligtum hatten, verhinderte Kolppanen waghalsig das sichere 1:4 (45.). Endlich sendeten auch die Gastgeber wieder ein Lebenszeichen. Roope Mäkitalo traf vor Sharipov die Scheibe nicht richtig. Und Hunter Garlent knallte aus spitzem Winkel über das kurze Eck (beides 46.). Gegenüber schoss Lemay aus der Schräge und unserem Keeper das Arbeitsgerät aus der Hand (47.). Ohne dass unser Trainer im letzten Powerbreak seine Schützlinge einnordete, wussten die, was zu tun ist. Denn jetzt stürmten die Heimischen wirklich vehement. Käpt’n Breitkreuz zog vor Sharipov, schoss den Goalie an, von dem der Puck im hohen Bogen über ihn und ins Netz sprang. Das 2:3 hatte schon etwas „Duseliges“. Aber das muss man sich halt erarbeiten. Ein Garlent-Schrägschuss aus unmöglichem Winkel bekam der ETC-Tormann irgendwie ab (54.). Jetzt schickten die Füchse aber wirklich jede Scheibe zum Tor und arbeiten auch ganz hart im Slot. „Warum nicht immer so?“, fragte man sich, als Roope Mäkitalo das Hartgummiteil aus dem Gewühl zum 3:3 über die Linie schickte. Da agierte Weißwasser schon nur noch mit zwei Reihen. Ob nun noch mehr ginge? Nein – denn die Angereisten hatten durch Saakyan (58.) und Reisnecker (60.) die letzten nennenswerten Möglichkeiten. Sebastian Zauner blockte den Reisnecker-Schuss, wurde unglücklich getroffen und stiefelte auch noch vorzeitig in die Kabine.
Die Verlängerung bot lange Eisschach. Nur nach 63 Minuten hätten Garlent (vorbei) und das Trio Lane Scheidl, Adam und Garlent (Sharipov parierte glänzend) das Match entscheiden können. 45 Sekunden vor Ultimo nahm unser Trainer die Auszeit, um den Top-Akteuren nochmals Frischluft zu gönnen. Das zahlte sich aus. Aus dem letzten Bully spielten Mäkitalo sowie Garlent Doppelpass. Und Roope Mäkitalo war es, der bei 64:59 min. den Puck durch die Matten von Sharipov ins Netz schickte. Wieder ein „Last-second-Erfolg“. Kassel ließ grüßen…
Mit drei Ausfällen mussten die Füchse den Zweier teuer bezahlen. Und möglicherweise half den Gastgebern, dass die angereisten ETC-Fans den Support verweigerten. Mit dem Spruchband „DEL2: Die Fans bleiben weg? Dienstag ist der letzte Dreck!“, machten sie (und wohl mit ihrem Schweigen) auf den ungeliebten Wochenspieltag aufmerksam. Die 2.386 Besucher im Fuchsbau allerdings zeigten, dass nach den Feiertagen der Dienstag ausnahmsweise auch mal „geht“. Nach dem 0:3 letzten Freitag im Schlussabschnitt gegen Bad Nauheim schenkten die Blau-Gelben auch heute wieder viel Spielzeit nach gutem Beginn unerklärlicherweise her. Aber sie konnten heute Rang zehn halten. Denn alle Mitkontrahenten rund um den Playoff-Strich siegten auch. Insofern schob sich das DEL2-Tableau zwischen Platz sieben und elf weiter zusammen. Mit nur noch einem Zähler Rückstand liegt uns der Freitag-Gegner Selb jetzt im Nacken.
Die Statistik
1:0 (2.) Clarke Breitkreuz ( Roope Mäkitalo , Hunter Garlent ) PP1, 1:1 (33.) Georgiy Saakyan ( André Schietzold , Taylor Doherty ), 1:2 (38.) Filip Reisnecker ( André Schietzold , Maxim Rausch ), 1:3 (39.) Jasper Lindsten ( Mario Scalzo , Maxim Rausch ), 2:3 (51.) Clarke Breitkreuz ( Hunter Garlent , Maximilian Adam ), 3:3 (56.) Roope Mäkitalo ( Hunter Garlent , Clarke Breitkreuz ), 4:3 (65.) Roope Mäkitalo ( Hunter Garlent , Maximilian Adam )
Strafminuten
Weißwasser: 0 Crimmitschau: 2 (2-0-0)
Team Stripes
Mischa Apel - Daniel Ratz ; Chris Otten - Tobias Treitl
Zuschauer: 2386
Eisarena Weißwasser
Marian Bazany: „Frohes, gesundes neues Jahr erstmal! Gratulation an Weißwasser zum Sieg. Es ist enttäuschend, so ein Spiel zu verlieren. Weißwasser war besser im ersten Drittel. Da waren wir glücklich, dass es nur 1:0 stand. Aber dann im zweiten Drittel fand ich, dass wir sehr gut gespielt haben. Wir sind 3:1 in Führung gegangen und hatten noch Chancen zum 4:1. Auch im letzten Drittel gab es noch den Alleingang von Mat Lemay und eine Großchance von Tyler Gron. Die haben wir nicht genutzt. Wir wussten, dass Weißwasser dann alles nach vorn werfen würde. Uns ist es nicht gelungen, den Zwei-Tore-Vorsprung zu halten. Wir haben uns nicht schlau angestellt und Zweikämpfe vor dem Tor verloren. Das war dann ausschlaggebend. Wenn man auf das Scoreboard guckt, sieht man, dass die erste Reihe der Füchse alle vier Tore gemacht hat. Dazu braucht man nicht mehr zu sagen. In der Overtime haben wir es nicht gut gespielt. Dann wirst du halt bestraft. Da ist es auch egal, ob es die erste oder letzte Sekunde ist.“
Petteri Väkiparta: „Auch von mir ein frohes und gesundes neues Jahr. Ich bin mit dem ersten Drittel sehr zufrieden. Wir haben gut und mit Geschwindigkeit gespielt, Chancen kreiert und nach meiner Rechnung dem Gegner nur zwei Tormöglichkeiten gegeben. Dann im zweiten Drittel weiß ich nicht, was passiert ist. Das war nicht meine Mannschaft, die in unseren Trikots steckte. In der Kabine haben wir dann ruhig geredet und gesagt, dass es jetzt ein Charaktertest ist, wir das Ergebnis aus den Köpfen verdrängen sollten und unser Spiel spielen müssen. Das ist uns gut gelungen. In der Overtime haben wir dann auch gut gespielt. Wir hatten viel Scheibenbesitz, haben mit viel Geschwindigkeit gespielt und Torchancen gehabt. Wir haben vor der Schlusssirene ein schönes Tor geschossen. Das zweite Drittel braucht eine klare Analyse durch die Trainer. Das Ergebnis müssen wir dann an die Mannschaft weiterleiten. Das müssen wir besser machen. Schauen wir mal, wie es am Freitag wird. 2.400 Zuschauer am Dienstag ist schon beachtlich. Die Stimmung war gut. Die Fans haben uns gut geholfen.“
Foto/Galerie: Thomas Heide / DEL2