VERSÖHNLICHER JAHRESABSCHLUSS MIT HEIMSIEG
Ja: Die Lausitzer Füchse haben das letzte Spiel des Jahres mit 6:0 gegen den SC Bietigheim-Bissingen gewonnen. Und ja: Der Sieg war verdient und die Leistung eine wirklich gute. Aber um zu verstehen, was da am Tag vor Silvester passierte, muss man das Match gegen die Steelers auch gesehen haben. Denn mitnichten war Weißwasser drückend überlegen oder die Gäste so schwach. Im Gegenteil: Die Mannschaft von Trainer Danny Naud bot eine gute Auswärtspartie, hatte Top-Torchancen in Serie und wird sich während der Silvesterfeierlichkeiten wohl an einem Namen verschlucken: Tobias Ancicka! Was der 19-Jährige, der heute im EHC-Tor stand, parierte, ist mit „unglaublich“ kaum zu beschreiben. Die 36:34 Torschüsse pro Grün-Weiß lügen nicht. Bis weit in den letzten Spielabschnitt war es ein enges, umkämpftes und recht ausgeglichenes Spiel, in dem beide Kontrahenten eine Menge Fehler machten. Der Unterschied zum Montags-1:3 gegen Landshut lag in der diesmal gnadenlosen Effizienz beim Nutzen der Torchancen in der ersten Periode. Und natürlich tat es den Heimischen gut, mit Fabian Dietz und Sebastian Streu zwei weitere Verstärkungen aus Berlin an Bord gehabt zu haben. Das nahm den Druck von der Top-Reihe und ließ insgesamt längere Shifts zu.
Schon nach 36 Sekunden waren die ersten Signale gesendet: Ein Schuss hier, einer da, zwei wache Schlussleute. Bietigheim checkte mit zwei Mann aggressiv vor und holte sich so die eine oder andere Scheibe. Als unsere dritte Reihe ihren ersten Wechsel hatte, fehlte die Ordnung komplett. Erst Norman Hauner, dann C.J. Stretch und dann wieder Hauner hatten viel zu viel Platz und freie Bahn, doch Tobias Ancicka war sofort auf Betriebstemperatur (2.). Und wenn es unsere Jungs schafften, schnell durch die Mittelzone zu kommen, dann war da viel freies Eis, weil auch der Abwehrverbund der Ellentaler mitnichten souverän stand. Der Sekundenzeiger hatte seine fünfte Umdrehung noch nicht vollendet, da kam Feodor Boiarchinov frei im Slot zum Abschluss und schoss hoch ein. Diese Führung tat natürlich gut. Die Gäste, nun wütend, wollten direkt durch Eric Stephan den Gegenschlag. Aber Ancicka nahm den Kracher aus vier Metern weg (6.). Wie es gehen kann, zeigte Jonathon Martin, der heute sein bisher bestes Spiel für unsere Farben ablieferte. Der nämlich zog links ins Drittel, direkt vor das Tor und tunnelte Cody Brenner. Der Jubel war in der leeren Halle natürlich längst verhallt, da schepperte es schon wieder. Ludwig Nirschl stiefelte los, traf zunächst den Pfosten, setzte energisch nach und stellte auf 3:0. Trainer Naud forderte eine Auszeit und mehr Konsequenz im Defensivverhalten. Und die Angereisten kamen sofort. Alexander Preibisch traf die Lattenunterkante (9.), erst gegen Stretch schräg frei aus zwei Metern (10.) und dann gegen Benjamin Zientek (11.) bot unser Hüter Glanzparaden. Dann waren die Füchse dran. Rylan Schwartz erspähte am langen Pfosten Kale Kerbashian, zirkelte das Spielgerät durch das Bietigheimer Verteidigungsdrittel und „Kirby“ musste nur einlenken. Jetzt hatte Cody Brenner genug und machte für Leon Doubrawa Platz. Und die Eisenmänner kamen. Stephan zog frei aus sechs Metern ab – und schüttelte ungläubig den Kopf. Denn wieder klärte Ancicka die Scheibe (15.). Bis zum Ende der ersten 20 Minuten schlichen sich beim EHC ein paar Konzentrationsmängel ein. Nutzen daraus ziehen konnten die Baden-Württemberger aber nicht.
Der Mittelabschnitt begann ausgeglichen. Als Weißwasser nach Stretch-Strafe Powerplay spielen durfte, lag das 5:0 in der Luft. Doch Martin scheiterte aus Nahdistanz zweimal an Doubrawa (24.). Drei Minuten später musste Zientek das erste Gäste-Tor machen. Frei vor dem Käfig wollte er einheben. Aber der „Hexer“ war wieder zur Stelle (27.). Drüben lenkte Schwartz eine Dietz-Hereingabe knapp am Tor vorbei (28.), derweil Brett Breitkreuz bei einem drei gegen zwei allein auf das Tor zu laufen konnte, Ancicka austanzen wollte, der mit gaaaanz langer Matte die Ecke dicht hielt. Frustriert blieb Bietigheims 17 auf unserem Torwart liegen (30.). Später kam Preibisch bei Überzahl frei aus vier Metern an den Puck, holte zum Mordsschlagschuss aus – aber Ancicka war ihm weit entgegengefahren. Der Steelers-Stürmer brüllte vor Wut, musste aber wenige Augenblicke später nach einem Alleingang erneut die Klasse von „Tobi“ anerkennen (beides 34.). Immer näher rückte das 1:4, immer mehr sorgten die Steelers für Chaos vor unserem Gehäuse, da nahm Fabian Dietz einen Drehschuss aus sechs Metern und versenkte unten links. Das nennt man dann wohl ein Tor zum richtigen Zeitpunkt! Zumal wenig später die zweite Sirene ertönte. Bis dahin hatten die Statistiker übrigens 22:29 Torschüsse gezählt!
Das Schlussdrittel begann mit Überzahl Füchse. Die Scheibe lief gut, aber Zählbares sprang nicht heraus. Die Gäste steckten nicht auf und wollten ein schnelles Tor. Zweimal konterten sie zwei gegen eins. Zientek (43.) und Wenzel (44.) waren die Abschließenden, vergaben aber beide. Nachdem Kerbashian mal für Entlastung sorgen konnte (45.), zerschoss Benni Zientek unserem Goalie die Maske (46.). Dann versuchte es Riley Sheen mit dem Tunnel, aber irgendwie wurde das Spielgerät noch vor der Linie weggekratzt. Beim direkten Gegenzug überlief Kerbashian Verteidiger Hüfner und machte das halbe Dutzend voll. Nun aber war den Bietigheimern ersichtlich der Zahn gezogen. Das Match plätscherte etwas dahin, die Zahl der Flüchtigkeitsfehler nahm zu. Weißwasser tat noch etwas für die Schussstatistik. Sowohl Thomas Reichel und Ludwig Nirschl (55.), dann auch Feo Boiarchinov nach Mik-Zuspiel (57.) und schließlich Jon Martin und Tomas Andres fanden im 19-jährigen Schlussmann der Steelers ihren Meister. Keine Frage: Es war kein 6:0-Spiel. Nur diesmal hatten die von der Enz einfach das Schießpulver nass und die Blau-Gelben einen Torwart auf ganz hohem Niveau. Es soll Abende geben, da könne man noch drei Drittel spielen, ohne zu einem Treffer zu kommen. Einen solchen Abend erlebten diesmal die Gäste!
Schlüsselszene
Der Dreifachschlag binnen 203 Sekunden im ersten Drittel sorgte für ganz breite blau-gelbe Brüste, ohne dem Spielverlauf unbedingt entsprochen zu haben.
Großzügig
Zur Wahrheit des Spiels gehört auch, dass die Unparteiischen im Mitteldrittel den EHC zumindest nicht bevorteilten. Einen Check von Goc gegen Dietz (25.) ließen sie ebenso ungeahndet wie einen Stockangriff von Stretch gegen Martin (40.), mal ein Beinstellen oder auch eine Behinderung. Zum Glück spielte das diesmal keine Rolle.
„Miet“-Maske
In Minute 46 nahm Tobias Ancickas Maske nach einem Zientek-Schuss Schaden. Zwei Verschlussclips quittierten den Dienst. Derweil Equipment-Manager Stefan Wohlschlager die Reparatur vornahm, borgte sich Ancicka die Carruth-Maske, die er drei Minuten später zurücktauschte.
Premierentor
Das hatte er sich aber längst verdient: Ludwig Nirschl traf mit dem 3:0 zu seinem DEL2-Premierentreffer. Der 20-Jährige konnte sein Talent bisher mehr als einmal unter Beweis stellen und hat sich im „Stamm“ etabliert.
Silvesterbier
Die kommenden zwei Tage hat das Team frei. Coach Neilson zu den Silvester-Regeln: „Ein paar Bier sind erlaubt!“
Der Top-Spieler: Tobias Ancicka
Erst zu Null gegen Wolfsburg in der DEL, heute zu Null gegen einen starken Kontrahenten. Es war wirklich sagenhaft, was unsere Nummer 45 alles wegfischte – eben alles!
Die Trainerstimmen
Daniel Naud: Wir waren heute nicht bereit, auch defensiv gut zu arbeiten. Die ersten fünf Minuten waren sehr gut. Danach habe ich die Bereitschaft vermisst, gut zu verteidigen, mal die Schüsse zu blocken oder Zweikämpfe zu gewinnen. Die Füchse haben stark gespielt, aber wir hatten auch genügend Chancen. Wir müssen und können besser spielen. Auch im zweiten Drittel hatten wir gute Möglichkeiten, aber der Puck wollte nicht rein. Der Torwart der Füchse war aber auch richtig stark. Dagegen war unser Powerplay nicht zwingend. Insgesamt war die Hypothek aus dem ersten Drittel zu groß. Wir waren aber auch nicht gut genug.“
Corey Neilson: „Ich bin heute sehr glücklich und zufrieden. Auf unsere Torhüter ist in dieser Saison stets Verlass. Auch Tobias Ancicka heute war exzellent. Dazu haben Sebastian Streu und Fabian Dietz sehr geholfen. Sie bringen viel Tempo und Dynamik mit und machen die Mannschaft besser. Wir haben heute wichtige Tore und die auch zu wichtigen Zeitpunkten geschossen. Im ersten Drittel war Bietigheim stark und hatte viele Chancen. Da konnte es auch 4:4 stehen – hat es aber nicht. Im zweiten Drittel haben wir uns noch etwas gesteigert, im dritten das Spiel gut kontrolliert. Für Ludwig Nirschl freue ich mich über sein erstes Tor für uns. An sich hätte ich solche Tore von uns auch schon ein paar Tage eher sehr gerne gesehen…“
Die Statistik
1:0 (04:55) Feodor Boiarchinov ( Lars Reuß , Nicholas Ross ), 2:0 (06:05) Jonathon Martin ( Nick Walters , Brad Ross ), 3:0 (08:16) Ludwig Nirschl ( Tomas Andres , Thomas Reichel ), 4:0 (11:33) Kale Kerbashian ( Rylan Schwartz , Fabian Dietz ), 5:0 (38:25) Fabian Dietz ( Rylan Schwartz , Kale Kerbashian ), 6:0 (47:19) Kale Kerbashian ( Rylan Schwartz , Nicholas Ross )
Strafminuten
Weißwasser 5 - 10 (2-4-4) Bietigheim 6-12 (2-4-6)
Schiedsrichter: Carsten Lehnhart - Marc André Naust Linesman: Marcus Höfer - Lukas Pfriem
weeEisArena Weißwasser O./L.
Foto: Thomas Heide / DEL2